Archäologische Untersuchungen an Gebäuden
Zu den Arbeitsgebieten des Institutes gehört die archäologische Untersuchung von Grundstücken insbesondere auf Befunde von Gebäuden von der römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die aus archäologischen Quellen bisher gewonnenen Ergebnisse machen deutlich, in welchem Umfang Geschichtsquellen im Boden unbeobachtet zerstört werden, wenn keine archäologische Baubegleitung stattfindet; dies betrifft nicht nur die großflächige Ausschachtung für Neubauten in historisch besiedeltem Gebiet, sondern bereits jede Installationstrasse im oder am historischen Gebäude. Die archäologische Baubegleitung gehört daher zu dem Arbeitsspektrum des besonders auf archäologische Untersuchungen im Zusammenhang mit Gebäuden spezialisierten IBD.
Hinzu kommen Vorerkundungen auf von Baumaßnahmen betroffenen historischen Siedlungsflächen, z.B. durch Auswertung historischer Schrift- und Bildquellen, geowissenschaftliche Prospektionen wie Bohrungen, Elektrowiderstandsmessung etc. sowie, wenn eine unberührte Erhaltung des Bodendenkmales nicht möglich ist, die planmäßige Ausgrabung mittelalterlicher und neuzeitlicher Siedlungsreste.
Bei allen archäologischen Untersuchungen werden die Profile und Plana zeichnerisch und photografisch dokumentiert und zusammen mit der schriftlichen Beschreibung der Befunde in einem abschließenden Arbeitsbericht vorgelegt, in den auch die Ergebnisse der Analyse des Fundmaterials eingehen.
Bauanalyse historischer Fachwerk- und Massivbauten
Die Dokumentation von Befunden in und an Gebäuden, ihre Analyse unmittelbar vor Ort sowie schließlich die Zuordnung zu Bauphasen sind die Arbeitsschritte der Bauanalyse. Sie faßt zudem alle Erkenntnisse, die in anderen Untersuchungs- und Dokumentationsbereichen gewonnen wurden, auswertend zusammen und rekonstruiert auf ihrer Grundlage die Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudes.
Die erarbeitete Baugeschichte umfaßt dabei die zeichnerische Rekonstruktion eines Gebäudes zu jeder ermittelten Bauphase und die Diskussion der jeweiligen Argumente für – und auch gegen – die gewählte Darstellung. Gegebenenfalls kann die abgesicherte Rekonstruktion der Bauphasen durch eine Baualterskartierung ergänzt werden, in der am heutigen Bestand die Zugehörigkeit von Bauteilen zu historischen Bauphasen dargestellt wird.
Die weitergehende Rekonstruktion der Nutzungsgeschichte eines Gebäudes ist vor allem auf die Ergebnisse der vorhergehenden Analyse der Konstruktionsgeschichte angewiesen, hinzu treten die Ergebnisse der Auswertung von Archivalien, der Dokumentation der Ausstattungen und archäologische Untersuchungen. Auf dieser Grundlage wird es möglich, als Teil der Bauanalyse den Wandel unterschiedlicher Nutzungsweisen eines Gebäudes herausarbeiten.
Die Aussagemöglichkeiten der Bauanalyse sind einerseits von den Ergebnissen der ergänzenden Untersuchungen abhängig, andererseits vor allem aber auch von dem Grad, bis zu dem im Rahmen der Untersuchung Eingriffe in die Substanz möglich sind; so darf das forscherische Interesse nicht dazu führen, daß die Substanz des untersuchten Objektes über die Eingriffe des jeweiligen Bauvorganges hinaus beeinträchtigt wird. In der Regel können intensiviert zielgerichtete Untersuchungen, ergänzt um moderne Technologien wie z.B. Holzbohrwiderstandsmessungen, Eingriffe bei der Analyse des Bestandes und Zustandes vermindern oder ganz unnötig machen. Dabei wird die Bauanalyse angewendet, um im Rahmen einer bauhistorischen Voruntersuchung zuerst diejenigen Aussagen zusammenzustellen, die ohne weitergehende Untersuchungsmaßnahmen und Eingriffe möglich sind. Im Rahmen einer stufenweisen Vorgehensweise wird hieraus ein Katalog von Fragen an das Untersuchungsobjekt entwickelt, die dann in Abhängigkeit von den möglichen Eingriffsstufen beantwortet werden können.
Zeichnerische Bestandsaufnahme
Grundlage für die wissenschaftliche Analyse und ebenso die anschließende Sanierung eines historischen Gebäudes muß ein gesichertes Wissen über seinen konstruktiven Aufbau sein. Dieses ist in erster Linie durch die angemessene zeichnerische Dokumentation des Baubestandes zu erreichen. Bei mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Massiv- und Fachwerkbauten sowie auch bei später entstandenen Gebäuden, die stark verbaut sind oder schwere Schäden aufweisen, ist in den meisten Fällen ein analytisches, sogenanntes „verformungsgetreues“ Aufmaß erforderlich. Es besteht bei Fachwerk- und Massivbauten aus der winkelgerechten Darstellung der Grundrisse und der verformungsgetreuen Abbildung der Längs- und Querschnitte. Hinzu kommen bei Fachwerkbauten verformungsgetreue Ansichten der Fassaden. Bei der Darstellung der Ansichten von Massivbauten sind je nach Aufgabenstellung steingerechte und vereinfacht steingerechte Pläne zu unterscheiden: Dabei bilden aufwendige steingerechte Darstellungen den gesamten vorgefundenen Mauerwerksbestand mit allen im Kartierungsmaßstab darstellbaren Details porträtierend ab, während bei vereinfacht steingerechten Aufmaßen die detaillierte Darstellung auf Gewände, Eckquaderungen, sonstige Werksteindetails, Baufugen und Baunähte sowie sichtbare Bauschäden wie Risse etc. beschränkt ist.
Ausgangspunkt ist bei allen Aufmaßarten immer ein definiertes dreidimensionales Koordinatensystem, auf das alle Maße bei der Kartierung vor Ort bezogen werden. Durch den verwendeten großen Maßstab 1:20 für Grundrisse, Schnitte und Ansichten, 1:10 bis 1:1 für Details – ist es möglich, die dabei erreichbare hohe Meßgenauigkeit auch zeichnerisch umzusetzen.
Die vor Ort mit Bleistift auf verzugsfreier Folie mit Millimeterraster aufgetragenen Zeichnungen werden anschließend mit Tusche auf ebenfalls verzugsfreie matte Folie umgezeichnet und liegen dann kopierfähig vor, gegebenenfalls zusammen mit photomechanisch verkleinerten Arbeitskopien.
Das reine Handaufmaß wird je nach Aufgabenstellung und Objektgegebenheiten ergänzt um die elektronische Vermessung mittels Tachymeter. Auf diese Weise sind auch große Baulichkeiten wie z.B. die Wartburg als eines der größten Dokumentationsobjekte des Institutes mit der erforderlichen Genauigkeit zu erfassen.
Wenn gewünscht, kann jedes Planwerk unabhängig von der Art seiner Erstellung in üblichen Dateiformaten zur Weiterverarbeitung in CAD Programmen übergeben werden.
Digitale Bestandsaufnahme
In vielen Fällen ist in der praktischen Dokumentationsarbeit ein von den Genauigkeits- und Detaillierungsansprüchen her erforderliches Handaufmaß nicht durchführbar, weil die erforderliche Meßzeit nicht zur Verfügung steht oder die aufzumessenden Bereiche momentan – etwa wegen fehlender Einrüstung – nicht erreichbar sind. In solchen Fällen empfiehlt sich heute eine digitale Bestandsaufnahme, basierend auf 3D-Daten, die mit Scannern oder durch SFM, eine spezielle Form der Mehrbild-Photogrammetrie, ermittelt werden. Bei sehr kurzen Arbeitszeiten vor Ort kann unter Verwendung von unterschiedlichsten Aufnahmeplattformen bis hin zu Hubschraubern oder Drohnen die Messgenauigkeit eines Handaufmaßes weit übertroffen werden. Damit haben diese Methoden inzwischen fast vollständig die Stereophotogrammetrie, die für lange Zeit höchste Maßgenauigkeit und Detailwiedergabe zusammen mit der Bewältigung dreidimensionaler Objekteigenschaften bot, abgelöst. Das IBD arbeitet bei der Erstellung digitaler Bestandsaufnahmen mit dem auf diesem Gebiet ebenso erfahrenen wie technisch hervorragend ausgestatteten Büro Linsinger aus St. Johann/Pg. zusammen.
Für größere Aufnahmeobjekte wird jeweils gemeinsam eine Vorgehensweise erarbeitet, die eine optimale Abstimmung von Anforderungen und Darstellungsmöglichkeiten gewährleistet.
Archivalische Untersuchungen
Viele Fragen zur Bau- und Nutzungsgeschichte eines Gebäudes können ohne jeden Eingriff in die Bausubstanz bereits durch die Auswertung von historischen Schrift- und Bildquellen beantwortet werden. Daher sollte jeder Gebäudeuntersuchung eine Zusammenstellung und Auswertung des historischen Quellenmaterials vorangehen. Dabei sind zuerst die im und am Gebäude selbst überlieferten Quellen sicherzustellen und auszuwerten, neben den Hausinschriften vor allem Dokumente auf den Dachböden, in Fußbodenauffüllungen, übertapezierten vergessenen Wandschränken etc. Der nächste Schritt ist die Auswertung der gebäudebezogenen schriftlichen Oberlieferung in kommunalen, staatlichen, kirchlichen und privaten Archiven in Form von Urkunden, Chroniken und Akten (Haupt- und Baurechnungen, Steuerlisten, Bürgerbücher, Kataster u.v.m.).
Außerdem hat das meist von den Akten getrennt aufbewahrte Plan- und Bildmaterial eine große Bedeutung für die Geschichte von Bauwerken: Hierzu gehören Karten (Stadtpläne, Katasterkarten), Ansichten) von Orten und einzelnen Gebäuden – Pläne aus den Bauakten, Stiche, Gemälde und Photografien – ebenso wie Bilder von den Hausbesitzern und Bewohnern.
Da der Umfang der für ein Gebäude vorhandenen Archivalien auch nach langjähriger Erfahrung vorab nur schwer überschaubar ist, hat sich für die praktische Durchführung einer Archivalienrecherche eine stufenweise Vorgehensweise bewährt, bei der zuerst ein Verzeichnis aller überlieferten Archivalien erstellt wird. Auf dieser Grundlage können dann alle oder ausgewählte Archivalien in Regestenform zusammengefaßt oder vollständig transkribiert werden. Zur besseren Nutzbarkeit ist es meist sinnvoll, anschließend die Archivalien noch chronologisch und nach Bauteilen zu systematisieren.
Dokumentationsformen der bauhistorischen Untersuchungen
Jede durchgeführte bauhistorische Untersuchung des IBD schließt mit der Vorlage eines Arbeitsberichtes ab. Dieser umfaßt eine ausführliche Beschreibung des Bestandes des jeweiligen Untersuchungsobjektes mit allen in den verschiedenen Untersuchungsabschnitten dokumentierten Befunden. Damit enthält ein solcher Bericht unvergleichbar mehr Informationen zu Bestand und Zustand des Objektes, als beispielsweise alleine in einem Planwerk durch zeichnerische Aussage und ergänzende Beschriftung enthalten sein kann. Der Untersuchungsbericht ist in diesem Sinne zuerst eine Umfassende Dokumentation des jeweils vorgefundenen Bestandes und Zustandes eines Gebäudes. Hinzu tritt, deutlich getrennt, in einem zweiten Abschnitt die Darstellung der Analyse eines Bauwerkes, beginnend mit der Auswertung der Befunde, über die begründete Zuweisung der Einzelelemente des Bauwerkes zu Bauzeiten und -phasen, sowie schließlich die Zusammenfassung dieser Überlegungen in der zeichnerischen und beschreibenden Rekonstruktion älterer Bauzustände als Abfolge der Veränderungsphasen. An die auf diese Art rekonstruierte und dargestellte Baugeschichte schließt sich die Rekonstruktion der Nutzungsgeschichte an. Damit sind in dem abschließenden Bericht in einer umfassenden Gesamtdarstellung der jeweiligen Baugeschichte alle Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen zusammengeführt. Berichte zu Untersuchungen von Teilbereichen oder Kurzberichte sind entsprechend aufgebaut, aber je nach der Aufgabenstellung auf einzelne Aspekte begrenzt.
Die beschriebenen schriftlichen und zeichnerischen Dokumentationen werden ergänzt durch Photodokumentationen auf Schwarz-Weiß-Negativfilm und Farbdiafilm im Kleinbildformat, Mittelformat oder gegebenenfalls Großformat analog oder digital, abhängig von den Anforderungen des zu dokumentierenden Objektes und der jeweiligen Aufgabenstellung. In den Arbeitsberichten werden alle Photos listenmäßig aufgeführt, und in der Regel ist eine in Hinblick auf Motiv und Aufnahmestandort beschriebene repräsentative Auswahl von Photografien dem Bericht in beschrifteten Abzügen beigegeben. Darüber hinaus erforderliche Mehrabzüge von bereits vorliegenden oder weiteren, listenmäßig erfaßten Motiven können jederzeit vorgelegt werden.
Die Dokumentationen werden nach einem bewährten formalen Schema angefertigt, in dem die deutliche Trennung von Bestandsdarstellung und Interpretation berücksichtigt ist. Je nach Objekterfordernissen und Aufgabenstellung ist es darüber hinaus immer möglich, Dokumentationen formal so anzulegen, daß sie zusammen mit übergreifenden Dokumentationssystematiken verschiedener Denkmalbehörden verwendbar sind.
Da die vorgelegten Dokumentationen über den jeweils aktuellen Anlaß, beispielsweise einen Umbau oder eine Sanierungsmaßnahme, hinaus den jeweiligen Vorzustand detailliert beschreiben und analysieren, sind sie selbst wichtige Quellen zur Geschichte des untersuchten Objektes, die langfristig aufbewahrt bleiben sollen. Bei der Erstellung der Dokumentationen wird daher immer auch die Archivbeständigkeit der verwendeten Materialien berücksichtigt.